Sind Sie einem Igel begegnet und fragen sich nun, ob das kleine stachelige Wunder wohlauf ist und wie Sie sich am besten verhalten? Mit unserer dreiteiligen Artikel-Serie wollen wir Ihnen helfen, richtig zu handeln. Im ersten Teil geht es darum, woran Sie erkennen, ob ein Igel Ihre Hilfe braucht.
Igel zu treffen, kommt selten vor. Deshalb ist es etwas ganz Besonderes. In der Regel geschieht es beim Spazierengehen, Joggen oder Radfahren im Wald. Mitunter tritt eines der niedlichen Säugetiere aber auch plötzlich im eigenen Garten in Erscheinung, gerade in ländlicheren Gebieten.
Wer einem Igel über den Weg läuft, empfindet im ersten Moment natürlich Freude über dieses rare Erlebnis. Doch schnell mischt sich Unsicherheit in die positive Gemütslage: Geht es dem Igel gut?
Bei Igeln ist ein rundlicher Körper sehr attraktiv. Denn er deutet darauf hin, dass der Säuger genügend Nahrung findet. Bewegt er sich zudem ohne irgendwelche Auffälligkeiten, so können Sie relativ sicher sein, dass er gesund ist. In diesem Fall sollten Sie den Igel unbedingt in Ruhe lassen. Denken Sie daran: Igel sind Wildtiere. Wohlgenährt und unverletzt kommen sie in der freien Natur wunderbar zurecht.
Tatsächlich gibt es einige sehr eindeutige Merkmale, die signalisieren, dass ein Igel menschliche Hilfe benötigt. Wir fassen sie Ihnen zusammen:
- Der Igel ist recht mager. Dies erkennen Sie leicht an einer Einbuchtung hinter dem Kopf.
- Sein Körper wirkt birnenförmig.
- Die Augen des Igels sind eingefallen. Bei gesunden Tieren stehen sie halbkugelig hervor.
- Der Igel hustet oder röchelt.
- Er torkelt oder bewegt sich anderweitig seltsam.
- Der Igel liegt apathisch herum.
- Er hinterlässt dünnflüssigen Kot.
- Der Igel ist von Zecken, Flöhen, Fliegeneiern oder Maden übersät.
- Er weist sichtbar eine oder mehrere Verletzungen auf.
- Der Igel sucht tagsüber nach Futter. Dies ist ungewöhnlich, da die Tiere eigentlich nachtaktiv sind.
Alle aufgezählten Zustände und Verhaltensweisen sind klare Zeichen, dass der Igel krank oder geschwächt ist und dringend Hilfe braucht. Prüfen Sie außerdem, ob das süße Stachelwesen vielleicht ein verwaistes oder aus anderen Gründen geschwächtes Jungtier ist:
- Er läuft nach Einbruch des Winters, sprich bei Dauerfrost oder gar Schnee, noch herum. Normalerweise befinden sich die Säuger zu diesem Zeitpunkt längst im Winterschlaf. Suchen sie in der kalten Saison nach Futter, so handelt es sich gemeinhin um kranke oder schwache Alttiere.
- Verwaiste Jungtiere – klar erkennbar daran, dass sie noch geschlossene Augen und Ohren haben und sich bei Tag außerhalb des Nestes aufhalten – sind auf sofortige menschliche Unterstützung angewiesen, um eine Überlebenschance zu haben.
- Für den Winterschlaf sollten Jungigel ein Gewicht von 500 bis 600 Gramm keinesfalls unterschreiten.
Zwischenfazit: Unterernährte, kranke, verletzte, mit Parasiten befallene Igel sowie verwaiste Jungigel brauchen Hilfe. Tiere, auf die keiner der oben aufgezählten Punkte zutrifft, sind vermutlich wohlauf. Gesunde Igel sollten Sie sich selbst überlassen.
Ist der Igel eindeutig verletzt oder krank, sollten Sie ihn lieber nicht voreilig berühren. Rufen Sie bei einem Tierarzt oder – wenn in Ihrer Region vorhanden – einer Pflegestation speziell für Igel an. Die Experten erklären Ihnen dann, was zu tun ist, oder holen das Tier gegebenenfalls gleich ab.
Anmerkung: Wenn Sie in der kühleren Jahreszeit einen kranken Igel finden, so ist das Tier vermutlich unterkühlt und sollte rasch aufgewärmt werden. Diesen Hinweis wird Ihnen in dem Fall auch der Tierarzt oder die Fachkraft der Pflegestation geben. Sofern die professionelle Hilfe sich nicht sofort selbst um den Igel kümmern kann, ist es doch besser, wenn Sie ihn vorerst mit zu sich nach Hause nehmen. Befüllen Sie eine Wärmflasche mit lauwarmem Wasser und legen Sie das Tier darauf. Geben Sie ihm dann bis zum nächsten Tag Ruhe und bringen es so bald wie möglich zum Tierarzt.
Bei einem Igel, der zwar geschwächt, aber nicht verletzt oder schwer krank aussieht, gehen Sie am besten wie folgt vor:
1. Transportieren Sie den Igel in einer Katzen- oder Hundetransportbox nach Hause. Wenn Sie dem Tier unterwegs begegnen, müssen Sie dafür höchstwahrscheinlich Verstärkung in Gestalt eines Familienmitglieds oder Freundes rufen. Eine Person sollte beim Igel bleiben und ihn „bewachen“.
Wichtig: Fassen Sie den Igel niemals mit bloßen Händen an. Tragen Sie Handschuhe oder nehmen Sie das stachelige Tier mit einem dicken Tuch vorsichtig auf.
Übrigens: Wenn Sie den Igel in Ihren Händen behutsam auf den Rücken drehen, er sich dabei aber nicht instinktiv zu einer Kugel zusammenrollt, so beseitigt dies auch letzte Zweifel – er braucht dann wirklich Hilfe. Fühlt sich der Bauch des Igels deutlich kälter an als Ihre Hand, ist das Tier ziemlich sicher ernsthaft krank.
2. Wiegen Sie den Igel.
3. Notieren Sie das Gewicht und auch die Funddaten (Datum, Uhrzeit, genauer Ort, Zustand des Igels im Detail).
4. Bereiten Sie dem Igel eine Notunterkunft oder basteln ihm ein Nest (auf der Terrasse, dem Balkon oder an einem geschützten Ort im Garten aufstellen, nicht im Haus). Hier ganz einfache Möglichkeiten im Überblick:
- Notunterkunft für eine Nacht: großen Karton mit Zeitungspapier auslegen
- Nest: in einen kleineren Karton ein Loch als Eingang schneiden und wiederum Zeitungs- oder Haushaltspapier als Nestmaterial hineingeben
5. Stellen Sie dem Igel geeignetes
Futter in den Karton: ein flaches Schälchen oder Tellerchen mit Katzenfutter, Rührei oder angebratenem Hackfleisch, aber jeweils komplett ohne Würzung! Auch ein Schälchen mit frischem Wasser ist wesentlich.
Achtung: Geben Sie dem Igel kein Obst und Gemüse, keine Nüsse und Rosinen und keine Milch! Im zweiten Teil unseres großen Ratgebers gehen wir genauer darauf ein, wie Sie
Igel richtig füttern.
6. Kontaktieren Sie am nächsten Tag sicherheitshalber einen Tierarzt, um fachliche Tipps zur weiteren Vorgehensweise zu erhalten. Dies kann auch dann nicht schaden, wenn der Igel nach der Stärkung wieder fitter wirkt.
Ist der Igel „nur“ von Parasiten befallen, haben Sie zwei Optionen:
a) Mit einer Pinzette können Sie sichtbare Parasiten selbst entfernen. Aber: Tun Sie es bitte nur, wenn Sie es sich wirklich zutrauen und vielleicht schon geübt darin sind (etwa durch Ihre Katze).
b) Bringen Sie den Igel zu einem Tierarzt. Dieser befreit das Tier dann von den ungebetenen Gästen.
Wichtig: Verwenden Sie nicht einfach blind irgendwelche Anti-Parasiten-Präparate für Katzen oder Hunde. Diese könnten dem Igel schaden.
Fazit: Verletzte oder kranke Igel müssen auf schnellstem Wege zu einem Tierarzt oder in eine spezialisierte Pflegestation. Auch bei Tieren, die mit Parasiten befallen sind, ist dies die sicherste Variante. Geschwächte Igel können Sie vorübergehend in einem mit Zeitungs- oder Haushaltspapier ausgelegten Karton und mit Wasser sowie geeignetem Futter aufpäppeln. Der Kontakt zu einem Experten ist aber immer empfehlenswert.