Ein Hund als medizinisches Hilfsmittel, als ständiger Begleiter und Lebensretter, der auch mit in den Supermarkt oder ins Krankenhaus bzw. in Arztpraxen darf? Für mich, Nele (23), mit der Assistenzhündin Amy Lou ist genau das unverzichtbar und alltäglich. Ich leide seit einigen Jahren an verschiedenen psychischen Erkrankungen und habe seit zwei Jahren tatkräftige Unterstützung von meiner Assistenzhündin Amy Lou. Mein Leben wurde unter anderem im Kindes- bzw. Jugendalter traumatisch geprägt. Denn 4,5 Jahre war ich Mobbingopfer in der Schule und musste körperliche und emotionale Gewalt ertragen, wodurch ich auch heute noch an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit dissoziativen Krampfanfällen leide.
Amy Lou gibt mir Sicherheit, sie sorgt für Abstand zwischen mir und anderen Menschen in dem sie sich vor oder hinter mich setzt und sie beruhigt mich bei Panikattacken und Flashbacks. Doch vor allem warnt sie mich vor einem bevorstehenden Anfall. Amy Lou kann durch Geruchsveränderungen erkennen, wenn bei mir der nächste dissoziative Krampfanfall oder eine Dissoziation bevorsteht (eine Abspaltung der Psyche zur Umwelt/Körper). Durch Amys Anzeige kann ich schlimmeres verhindern, so dass ich mich und andere Menschen nicht gefährde, denn ohne ihre Anzeige würde ich bei dem Anfall einfach umfallen und mich verletzen. Das Besondere daran ist, dass es keine anderen medizinischen Geräte gibt, die mir genau diese Art an Anfällen anzeigen können. Dadurch ist Amys Arbeit und somit ihre Begleitung für mich unverzichtbar. Sie ist tagtäglich mein ständiger Begleiter und Lebensretter.
Wusstest du schon, dass es solche speziell ausgebildete Hunde gibt, die als medizinisches Hilfsmittel gelten und Menschen mit Behinderungen im Alltag immer begleiten dürfen? Auch dorthin wo Hunde normal keinen Zutritt haben? Denn ja, der Assistenzhund hat die Rechte einen behinderten Menschen immer und überall im öffentlichen Leben zu begleiten, wo Menschen mit Straßenkleidung auch hin dürfen. Dies regelt seit dem 01.07.2021 auch das neue Teilhabestärkungsgesetz. Bislang ist dieses Thema noch so unbekannt, dass es leider immer noch zu häufigen Zutrittsproblemen kommt, was für die Betroffenen nicht nur sehr einschneidet ist, sondern auch Diskriminierung darstellt. Denn die Menschen aufzuklären und somit den Zutritt gewehrt zu bekommen, geht häufig mit viel Kraft und auch Kampf einher. Assistenzhundenehmer wollen auch nur eins: Teilhabe am sozialen und gesellschaftlichen Leben und dies durch Selbstständigkeit, die die Hilfe eines Assistenzhundes ermöglichen kann.
Assistenzhunde werden immer nur für eine einzelne Person speziell auf seine Bedürfnisse und Behinderungen ausgebildet. Die Einsatzgebiete sind sehr vielschichtig, darunter fallen unter anderem die Erkrankungen: Sehbehinderung, Diabetes, Epilepsie bzw. andere Anfallserkrankungen, Allergie/Anaphylaxien, psychische Erkrankungen, Autismus, körperliche und geistige Behinderungen uvm. Die Ausbildung der Hunde dauert nicht nur mehrere Jahre, sondern ist auch sehr kostspielig. Leider werden bislang nur die Blindenführhunde von der Krankenkasse finanziell übernommen und alle anderen Assistenzhunde müssen privat finanziert werden. Bei einer Fremdausbildung kostet der Hund dann rund 25.000 €.
Nein, Assistenzhunde sind etwas anderes als Therapie(begleit)hunde. Der Assistenzhund unterscheidet sich in vielen Bereichen zum Therapiehund. Im Gegensatz zum Therapie(begleit)hund, der so ausgebildet wird, dass er einer Person (TherapeutIn) bei der Arbeit mit vielen verschiedenen erkrankten Menschen hilft, so wird der Assistenzhund als Hilfsmittel für eine einzelne Person speziell ausgebildet. Somit hilft der Assistenzhund auch nur dem einen Assistenznehmer und hat demnach ganz andere speziellere Aufgaben als der Therapie(begleit)hund. Im Gegenzug zum Therapie(begleit)hund hat der Assistenzhund rechtliche Vorteile, wie eben Zutritt zu Orten, wo andere Hunde, eben auch der Therapie(begleit)hund keinen Zutritt haben.
Jeder Assistenzhund im Dienst hat eine offensichtliche Kennzeichnung am Körper. Sei es durch Führ- und/oder Stützgeschirre, durch Halstücher oder Kenndecken mit der Aufschrift „Assistenzhund“ oder „Servicedog“. Daran kannst du erkennen, dass dieser Hund aktuell am Arbeiten ist. Denn natürlich haben auch diese Hunde täglich viel Freizeit und dürfen einfach nur Hund sein, wo auch für sie andere Regeln als im Dienst herrschen. Falls du einen Hund im Dienst siehst, dann solltest du ihn bitte einfach ignorieren, d.h. nicht ansprechen, nicht locken oder gar einfach streicheln. Wieso? Damit kannst du den Hund von seiner Arbeit ablenken und das kann für den Assistenznehmer böse enden, denn ein abgelenkter Hund kann seinen Besitzer vielleicht nicht mehr rechtzeitig vor einem bevorstehenden Anfall oder ähnlichem warnen. Demnach wünschen sich alle nur Rücksichtnahme und Verständnis. Kein Assistenznehmer nimmt seinen Hund nur aus Langeweile oder „weil er es kann“ mit in den Supermarkt oder Arztpraxen, sondern weil er gesundheitlich drauf angewiesen ist und es wie in meinem Fall keine anderen hilfreichen medizinischen Hilfsmittel für diese Erkrankung gibt.
Assistenzhunde sind demnach wahre Helfer und für die Assistenznehmer eine große Hilfe. Sie schenken viel Selbstständigkeit zurück. Diese Hunde haben eine größere Aufmerksamkeit verdient und Deutschland hat immer noch großen Bedarf an Aufklärung um den Assistenzhund, die deren Besitzern das Leben deutlich erleichtern!
Wir danken Nele für ihren Gastbeitrag und hoffen somit zu mehr Popularität von Assistenzhunden und dem Verhalten gegenüber der Hunde sowie deren Besitzern beitragen zu können. Nele und Amy Lou wünschen wir alles erdenklich Gute!